10 LIEDEREN UIT WIR SCHAFFEN DAS!

 

1.

Das lied von der Moldau

(Brecht)

 

Am Grunde der Moldau wandern die Steine

Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.

Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.

Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.

 

Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne

Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.

Und gehn sie einher auch wie blutige Hähne

Es wechseln die Zeiten, da hilft kein Gewalt.

 

Am Grunde der Moldau wandern die Steine

Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.

Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.

Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.

 

2.

DENN WIE MAN SICH BETTET

(Brecht / Weill)

 

Meine Herren, meine Mutter prägte

Auf mich einst ein schlimmes Wort:

Ich würde enden im Schauhaus

Oder an einem noch schlimmern Ort.

Ja, so ein Wort, das ist leicht gesagt,

Aber ich sage euch: Daraus wird nichts!

Das könnt ihr nicht machen mit mir!

Was aus mir noch wird, das werdet ihr schon sehen!

Ein Mensch ist kein Tier!

 

Denn wie man sich bettet, so liegt man

Es deckt einen da keiner zu

Und wenn einer tritt, dann bin ich es

Und wird einer getreten, dann bist’s du.

 

Meine Herren, mein Freund, der sagte

Mir damals ins Gesicht:

"Das Größte auf Erden ist Liebe"

Und "An morgen denkt man da nicht."

Ja, Liebe, das ist leicht gesagt:

Aber wenn man täglich älter wird

Da wird nicht nach Liebe gefragt

Da muß man seine kurze Zeit benützen

Ein Mensch ist kein Tier!

 

3.

BEI DIR WAR ES IMMER SO SCHÖN

(Beckmann / Mackeben)

 

Bei dir war es immer so schön

Und es fällt mir unsagbar schwer, zu geh'n

Denn nur bei dir war ich wirklich zuhaus'

Doch der Traum, den ich hier geträumt, ist aus

 

Warum hast du mir denn so weh getan

Und was fang ich ohne dich an

Bei dir war es immer so schön

Doch weil du eine andre liebst, muss ich geh'n

 

Nun muss alles, alles enden

Weil ich dich nun doch verlor'

Und dass meine kleine Welt

Wie ein Kartenhaus zerfällt, schmerzt mich sehr

 

Ich steh da mit leeren Händen

Und bin arm wie nie zuvor

Denn mein Reichtum warst nur du

Und nun frag ich mich, wozu kam ich her

 

Bei dir war es immer so schön

Und es fällt mir unsagbar schwer, zu geh'n

Denn nur bei dir war ich wirklich zuhaus'

Doch der Traum, den ich hier geträumt, ist aus

 

Warum hast du mir denn so weh getan

Und was fang ich ohne dich an?

Bei dir war es immer so schön

Doch weil du eine andre liebst, muss ich geh'n

 

4.

Barbara song

(Brecht/Weill)

 

Einst glaubte ich, als ich noch unschuldig war

Und das war ich einst, grad sowie du.

Vielleicht kommt auch zu mir einmal einer,

Und dann muß ich wissen, was ich tu.

Und wenn er Geld hat,

Und wenn er nett ist,

Und sein Kragen ist auch werktags rein,

Und wenn er weiß, was sich bei einer Dame schickt,

Dann sage ich ihm "nein"

 

Da behält man seinen Kopf oben,

Und man bleibt ganz allgemein!

Sicher scheint der Mond die ganze Nacht,

Sicher wird das Boot am Ufer festgemacht,

Aber weiter kann nichts sein.

Ja, da kann man sich doch nicht bloß hinlegen,

Ja, da muß man kalt und herzlos sein.

Ja, da könnte so viel geschehen,

Aber da gibt's überhaupt nur "nein"

 

Der Erste, der kam, war ein Mann aus Kent,

Der war, wie ein Mann sein soll.

Der Zweite, der hatte drei Schiffe im Hafen,

Und der Dritte war nach mir toll.

Und als sie Geld hatten,

Und als sie nett waren,

Und ihr Kragen war auch werktags rein,

Und als sie wußten, was sich bei einer Dame schickt,

Da sagte ich ihnen "nein"

 

Da behielt ich meinen Kopf oben,

Und ich blieb ganz allgemein!

Sicher schien der Mond die ganze Nacht,

Sicher ward das Boot am Ufer festgemacht,

Aber weiter konnte nichts sein.

Ja, da kann man sich doch nicht gleich hinlegen,

Ja, da muß man kalt und herzlos sein.

Ja, da könnte doch viel geschehen,

Ja, da gab's überhaupt nur "nein"

 

Jedoch eines Tags (und der Tag war blau)

Kam einer, der mich nicht bat.

Und er hängte seinen Hut an den Nagel in meiner Kammer,

Und ich wußte nicht mehr, was ich tat.

Und als er kein Geld hatte,

Und als er nicht nett war,

Und sein Kragen war auch am Sonntag nicht rein,

Und als er nicht wußte,

Was sich bei einer Dame schickt,

Zu ihm sagte ich nicht "nein"

 

Da behielt ich meinen Kopf nicht oben,

Und ich blieb nicht allgemein!

Ach, es schien der Mond die ganze Nacht,

Und es ward das Boot am Ufer losgemacht,

Und es konnte gar nicht anders sein.

Ja, da muß man sich doch einfach hinlegen,

Ja, da kann man doch nicht kalt und herzlos sein!

Ja, da mußte so viel geschehen,

Ja, da gab's überhaupt kein Nein.

 

5.

Vier Wiegenlieder für Arbeitermütter II

(Brecht / Eisler)

 

Als ich dich gebar, schrien deine Brüder
Schon um Suppe und ich hatte sie nicht!
Als ich dich gebar, hatten wir kein Geld für den Gasmann
So empfingst du von der Welt wenig Licht!

Als ich dich trug all die Monate
Sprach ich mit deinem Vater über dich
Aber wir hatten das Geld nicht für den Doktor -
Das brauchten wir für den Brotaufstrich!

Als ich dich empfing, hatten wir
Fast schon alle Hoffnung auf Brot und Arbeit begraben
Und nur bei Karl Marx und Lenin stand
Wie wir Arbeiter eine Zukunft haben!

 

6.

Eine kleine Sehnsucht
(Hollaender)

Mein Tag ist grau, dein Tag ist grau
Lass uns zusamment gehn!
Wir wollen beide an den Händen uns fassen
Und uns so recht verstehn!
Lang ist der Weg, bang ist der Weg,
sicher wird man belohnt
wir wollen recht fest an etewas Schönes denken
und an ein Schloss im Mond!


Eine kleine Sehnsucht braucht jeder zum Glücklichsein!
Eine kleine Sehnsucht, ein Stückchen Sonnenschein.
Eine Sehnsucht für den grauen Tag;
Eine Sehnsucht, ganz egal wonach!
Eine kleine Sehnsucht, ein flüchtiges Traumgebild,
eine Sehnsucht, die sich niemals erfüllt!

Lügen wir uns, trügen wir uns
In eine Welt hinein,
und lass uns dann in dieser Welt
ganz verzaubert Prinz und Prinzessin sein!
Du bist aus Gold, ich bin aus Gold,
und unser Tag ist fro0h;
vergessen der Student im Dachstübchen
und das Mädelchen vom Büro!

 

7.

Ich bin heut' frei meine Herr'n

(Balz /Grothe)

 

Oft seh'n die Männer uns gerne im Pelz und im großen Abendkleid
Oft seh'n sie uns auch gern im Kostüm und im schlichten Straßenkleid
Mancher sieht uns gern im
Dekolletee, mancher sieht uns gern im Negligé
Und was manche Frau da wagt das ist sehr gewagt

Mancher Mann habe und blickt uns am liebsten gleich völlig hüllenlos
Manche verweist das und macht ihn dann gern damit völlig willenlos
Aber wie sie auch aussieht und sich anzieht und auszieht
Immer hört der Mann es gern wenn sie sagt:

 

Früher einmal war ich sittsam und prüde und habe nichts gewusst
Früher einmal war ich furchtbar solide und habe nie geküsst
Doch ein Frauenherz verändert sich
Und das ist auch nicht verwunderlich
Jetzt weiß ich was Liebe ist, d'rum sage ich:

Ich bin heut' frei, meine Herren
Wer ist frei, meine Herren
Und läd' mich ein zu einem Glase Wein
Und auch zu einer Liebelei, meine Herren

Ich bin nicht kühl, meine Herrn
Verspreche viel, meine Herrn
Und wer voller Mut ist und wer mir
Gut ist der kommt zum Spiel meine Herrn

Ja eine Frau wie ich die möchte nie allein sein
Und wenn mir einer gut gefällt dann will ich sein sein

Ich bin heut' frei, meine Herrn
Was ist dabei, meine Herrn
Wenn wir's probieren mit einer Liebelei. meine Herrn
Nicht wahr, meine Herrn
Das hört ihr doch gern von uns

 

8.

Vier Wiegenlieder für Arbeitermütter IV

(Brecht/Eisler)

 

Mein Sohn, was immer auch aus dir werde

Sie stehn mit Knüppeln bereit schon jetzt

Denn für dich, mein Sohn, ist auf dieser Erde

Nur der Schuttablagerungsplatz da, und der ist besetzt.

Mein Sohn, laß es dir von deiner Mutter sagen:

Auf dich wartet ein Leben, schlimmer als die Pest

Aber ich habe dich nicht dazu ausgetragen

Daß du dir das einmal ruhig gefallen läßt.

 

Was du nicht hast, das geht nicht verloren.

Was sie dir nicht geben, sieh zu, daß du's kriegst.

Ich, deine Mutter, hab dich nicht geboren

Daß du einst des Nachts unter Brückenbögen liegst.

Vielleicht bist du nicht aus besonderem Stoffe

Ich habe nicht Geld für dich noch Gebet

Und ich baue auf dich allein, wenn ich hoffe

Daß du nicht an Stempelstellen lungerst und deine Zeit vergeht.

Wenn ich nachts schlaflos neben dir liege

Fühle ich oft nach deiner kleinen Faust.

Sicher, sie planen mit dir jetzt schon Siege

Was soll ich nur machen, daß du nicht ihren dreckigen Lügen traust?

 

Deine Mutter, mein Sohn, hat dich nicht belogen

Daß du etwas ganz Besonderes seist

Aber sie hat dich auch nicht mit Kummer aufgezogen

Daß du einmal im Stacheldraht hängst und nach Wasser schreist.

Mein Sohn, drum halte dich an deinesgleichen

Damit ihre Macht wie ein Staub zerstiebt.

Du, mein Sohn, und ich und alle unsresgleichen

Müssen zusammengehn und müssen erreichen

Daß es auf dieser Welt nicht mehr zweierlei Menschen gibt.

 

9.

Hollywooder Liederbuch: An Einer Stadt

(Brecht/Eisler)

 

Lange lieb' ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust,

Mutter nennen, und dir schenken ein kunstlos Lied,

Du der Vaterlandsstädte

Ländlichschönste, so viel ich sah.

 

Wie der Vogel des Walds über die Gipfel fliegt,

Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänzt,

Leicht und kräftig die Brücke,

Die von Wagen und Menschen tönt.

 

Wie von Göttern gesandt, fesselt' ein Zauber einst

Auf die Brücke mich an da ich vorüber ging,

Und herein in die Berge

Mir die reizende Ferne schien,

 

Quellen hattest du ihm, hattest dem Flüchtigen

Kühle Schatten geschenkt, und die Gestade sahn

All' ihm nach, und es bebte

Aus den Wellen ihr lieblich Bild.

 

Sträuche blühten herab, bis wo im heitern Tal,

An den Hügel gelehnt, oder dem Ufer hold,

Deine fröhlichen Gassen

Unter duftenden Gärten ruhn.

 

10.

Resolution

(Brecht/Eisler)

 

In Erwägung unserer Schwäche machtet ihr Gesetze, die uns knechten soll'n

die Gesetze seien künftig nicht beachtet in Erwägung, daß wir nicht mehr Knecht sein woll'n.

 

Refrain: In Erwägung, daß ihr uns dann eben mit Gewehren und Kanonen droht

haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben mehr zu fürchten als den Tod.

 

In Erwägung, daß wir hungrig bleiben wenn wir dulden, daß ihr uns bestehlt

wollen wir mal feststell'n, daß nur Fensterscheiben uns vom Brote trennen, das uns fehlt.

 

Refrain: In Erwägung, daß ihr uns dann eben mit Gewehren und Kanonen droht

haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben mehr zu fürchten als den Tod.

 

In Erwägung, daß wir der Regierung was sie immer auch verspricht, nicht trau'n

haben wir beschlossen, unter eig'ner Führung uns nunmehr ein gutes Leben aufzubau'n .

 

In Erwägung, ihr hört auf Kanonen and're Sprachen könnt ihr nicht versteh'n

müssen wir dann eben, ja das wird sich lohnen die Kanonen auf euch dreh'n!